Empire: Zentraler Begriff beim Global Institute of Theology

Die Nordhornerin Aleena Toplak hat im Juni drei Wochen am Global Institute of Theology (GIT) teilgenommen. Dieses akademische Kurzprogramm der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) tagte mit 42 Teilnehmern vom 8. - 27. Juni 2017 in Wuppertal. Anschließend fuhren alle Teilnehmer als Berater zur Generalversammlung nach Leipzig. Aleena Toplak (33), seit 2015 als Pastorin coll. In Nordhorn, berichtet über ihre Erfahrungen

Das Inspirierende am Global Institute of Theology ist, dass sich das theologische Denken aus so vielen verschiedenen Richtungen – geographisch aber auch traditionell – sammelt und sich auf dieselben theologischen und auch praktischen Herausforderungen theologischer Existenz richtet.

Im Global Institute of Theology (GIT) war ich eine von 42 TeilnehmerInnen, die über drei Wochen an dem Thema „Lebendiger Gott, erneuere und verwandle uns“ arbeitete. Jeder Kontinent war vertreten. So konnten wir aus einer nahezu weltumspannenden Perspektive auf Themen der ökologischen und sozialen Gerechtigkeit blicken. Auch das Phänomen, dass Christen in ihrem Land Minderheit sind oder werden, stellte unsere theologischen Fragen auf ein breites Fundament an Lebenswirklichkeiten. Unsere zehn Dozenten legten großen Wert darauf, dass die Inhalte unseres gemeinsamen Lernens nicht in einem Elfenbeinturm eingeschlossen sind. Vielmehr spielte der Kontext, also die Lebenswirklichkeit der Einzelnen, eine gewichtige Rolle. Das, was wir miteinander studierten, sollte auch in unseren Alltag einfließen können.

So galt es täglich in wechselnden Gottesdienstteams Liturgien zu entwickeln, die von der Gemeinschaft und Gleichberechtigung alles Geschaffenen ausgehen. Das bedeutet: Nicht steht – wie sonst oft üblich – der Mensch im Zentrum liturgischer Sprache, sondern wir Menschen kommen in der gottesdienstlichen Sprache als Geschwister von allem Geschaffenen vor. Nicht als Bevorzugte, sondern als Gleichberechtigte.

Sprache hatte eine große Bedeutung im GIT. So bat uns Dr. Aruna Gnanadason (Indien, Dekanin des GIT) gleich zu Beginn darum, auch in unseren Gesprächen jenseits der Seminare auf eine gleichberechtigende Sprache zu achten. Es ist faszinierend, wie ein eigener aufmerksamer Sprachgebrauch auslöst, dass die eigenen Gedanken – in guter Weise – immer mehr zur Aufmerksamkeit für Gerechtigkeit gedrängt werden.

Im Verbund aller 42 Theologen haben wir Studieneinheiten zu „Gemeinschaft und Schöpfung“, „Reformierte Identität und der Auftrag von den Rändern (der Gesellschaft)“, „Orte der Epiphanie“ und zu „Reformierten Bekenntnissen“ besucht. Daneben war es möglich, an zwei von sechs Wahlkursen teilzunehmen, die sehr kreativ und kommunikativ aufgebaut waren.

In allen Kursen spielte der Begriff „Empire“ eine große Rolle. Interessant war, dass dieser Begriff in der weltweiten innerreformierten Ökumene eine große Rolle spielt, aber nicht in allen Ländern auf der Ebene der Kirchengemeinde bekannt ist. „Empire“ bezeichnet eine Kraft, die historisch verschiedene Gesichter annimmt: Da ist das biblische Babylon. Das Römische Imperium. Das Britische Commonwealth. Und es ist auch die Globalisierung. All diese Gesichter der einen Kraft namens „Empire“ haben eine Gemeinsamkeit: Die Unterdrückung verschiedener Geschöpfe und auch die Wirkung, dass manche Geschöpfe vom Leben abgeschnitten werden. Manche Theologen beurteilen den globalen Süden als denjenigen, der vom globalen Norden unterdrückt und vom Leben abgeschnitten wird. Grund dafür ist der globale Markt, der Strukturen der Unterdrückung zwischen Nord und Süd der Weltkugel ausgebildet hat. Doch die Deutung des Empire-Begriffs geht weiter: Auch an einem geographischen Fleck gibt es Unterdrücker und Unterdrückte; vom Leben Abgeschnittene. Und diejenigen, die der Natur das Leben in Fülle versagen, indem sie etwa mit Pestiziden Böden und Grundwasser verunreinigen, können auf der anderen Seite selbst Unterdrückte sein, denen das Leben in Fülle in weite Ferne gerückt wurde.

Diese Struktur des „Empire“ könnte auch für unsere Gemeinden in Deutschland ein lohnenswertes Thema sein. Denn oft höre ich in meiner gemeindlichen Arbeit, dass Menschen bestürzt sind, weltweit nichts ändern zu können. Ihnen ist bewusst, dass Gewalt und Ungerechtigkeit weltweit ein Netz geknüpft haben. Die Arbeit am Begriff Empire könnte dieses Netzwerk bewusster machen und helfen, sich als Teil eines Gegen-Netzwerkes zu verstehen, das auf das Leben in Fülle für alle Geschöpfe hinarbeitet.

Neben den Studien haben wir zahlreiche Exkursionen unternommen. Martin Engels, der Moderator des Reformierten Bundes, hat uns zahlreiche Möglichkeiten dafür eröffnet. Gerade unsere afrikanischen Teilnehmer und Dozenten waren stark berührt, in dem Industrialisierungsmuseum in Wuppertal eine weitere Station des globalen Handels zu sehen, unter dem viele Bewohner des afrikanischen Kontinents in die Sklaverei gezwungen wurden.
Eine weitere wichtige Station war unser Besuch bei der Firma Henkel, die Prof. Martin Büscher (Professor für Wirtschaftswissenschaften/Wirtschafts- und Unternehmensethik am Institut für Diakoniewissenschaft und Diakonie Management, KiHo Wuppertal/Bethel) ermöglichte. Drei hochrangige Manager des Unternehmens stellten uns ihre Arbeit und die Arbeit von Henkel vor und wir durften kritische Fragen stellen. Gerade, da wir uns mit ökologischen und damit verbundenen sozialen Fragen auseinandergesetzt haben, konnte man sich kaum eine bessere Gelegenheit vorstellen, diese Fragen an einen großen Konzern weiter zu geben.

Im Anschluss an unsere dreiwöchige Studienzeit zogen wir als GIT von Wuppertal nach Leipzig, zur Generalversammlung der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen. Erstmals durfte das GIT dort die Delegierten bei ihrer Entscheidungsfindung für die Ausrichtung der Weltgemeinschaft für die nächsten sieben Jahren beraten.

Von Aleena Toplak


INFO
Das Global Institute of Theology (GIT) ist ein intensives akademisches Kurzprogramm der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen, um Theologiestudierenden und PastorInnen in den ersten Amtsjahren die Möglichkeit zum gemeinsamen Lernen in einem interkontextuellen und ökumenischen Umfeld zu geben. Das GIT findet alle 4 Jahre statt, jeweils in einem anderen Land und Kontinent und mit wechselnden Dozenten.

Aufmerksam auf das nächste GIT wird man durch die Bekanntgabe der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, durch die Bewerbung des GIT seitens der eigenen Landeskirche oder durch die sozialen Medien.
Um am GIT teilzunehmen, muss man sich bewerben. Dazu sind neben dem Bewerbungsfragebogen ein Motivationsschreiben und zwei Empfehlungsschreiben (ein akademisches und eines aus dem pastoralen Umfeld) erforderlich. Außerdem ist vorher abzuklären, wie die eigene Teilnahmegebühr finanziert wird. Im kirchlichen Bereich lassen sich dafür durchaus Sponsoren finden. Wer unter den Theologiestudierenden oder auch unter den PastorInnen coll. Interesse am GIT hat, sei ermutigt, sich zu bewerben und eine einmalige Erfahrung sammeln.  Nähere Informationen zum Bewerbungsverfahren finden sich unter http://wcrc.ch/git

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