Plesse-Gemeinden

Die sogenannten Plesse-Gemeinden liegen im Göttinger Umland.
Ihre reformierte Prägung verdanken sie im wesentlichen der früheren Zugehörigkeit zu Hessen. Um 1500 waren die Herren von Plesse, deren früherer Stammsitz Burg Plesse heute noch als (teilweise restaurierte) Ruine hoch über dem Leinetal weithin zu sehen ist, in die Abhängigkeit des hessischen Landgrafen geraten. Die zur Plesse-Herrschaft gehörenden Gemeinden (Bovenden, Angerstein, Reyershausen, Spanbeck, Oberbillingshausen, Holzerode und Höckelheim) sowie die in der Nachbarschaft gelegenen Kirchengemeinden des Amtes Neuengleichen (Sattenhausen, Mackenrode, Etzenborn), das ebenfalls zu Hessen gehörte, wurden in der Reformationszeit 1534 reformiert, weil der Landgraf von Hessen ebenfalls reformiert war. Denn es galt ja damals der Grundsatz: "cuius regio, eius religio" - wer die Herrschaft hat, bestimmt auch die Religion.
Die Plesse-Gemeinden selber machten diesen Wechsel scheinbar ohne große Begeisterung mit, ja, in einigen Gemeinden zeigte sich sogar eine Tendenz, die Besonderheit des Reformierten im lutherischen Umfeld wenig zu betonen. Das zeigte sich auch noch ca. 70 Jahre später, als die Prediger der Plesse-Gemeinden die sogenannten "Mauritianischen Verbesserungspunkte" nicht übernehmen wollten; Landgraf Moritz hatte für seine Herrschaft einige spezifisch reformierte Akzente beschlossen (z.B. Brot statt Oblaten beim Abendmahl; Entfernung der übriggebliebenen Bilder aus den Kirchen).
Die renitenten Pastoren der Plesse wurden daraufhin durch reformierte(re) Pastoren ersetzt. Insgesamt wird man sagen müssen, dass in allen Plesse-Gemeinden bis zur Gegenwart hin ein sehr mildes Reformiertentum vorherrscht (das vielleicht reformatorische Impulse Martin Bucers, auf den 1538 entstandene hessische Kirchenordnungen zurückgehen, aufnimmt). 1816 werden die Herrschaft Plesse und das Amt Neuengleichen Teil des Königreichs Hannover, 1866 wird die ganze Region preußisch.
In den Plesse-Dörfern gilt seit langem das sogenannte "Plesse-Recht", nach dem die in den reformierten Dörfern wohnenden Lutheraner unter Beibehaltung ihrer Konfession Glieder der reformierten Gemeinde sind, sofern sie nicht ausdrücklich die Zugehörigkeit zu einer lutherischen Gemeinde wünschen. 1882 schlossen sich auch die Plesse-Gemeinden der Evangelisch-reformierten Kirche an. 1923 kam die evangelisch-reformierte Gemeinde Hannoversch-Münden hinzu, die zu Anfang des 18. Jahrhunderts aus vor allem von aus Hessen und Bremen zugewanderten Kaufleuten gegründet wurde. 1958 wurde die evangelisch-reformierte Gemeinde Northeim gegründet, weil sich dort vor allem in den Jahren nach 1945 Reformierte angesiedelt hatten. 1971 wird das sogenannte "Bovender Modell" eingerichtet. Weil viele neue Zugezogene lutherischen Bekenntnisses sind, wirken seither in Bovenden neben den reformierten Pastoren bzw. Pastorinnen auch ein oder zwei lutherische Pastoren bzw. Pastorinnen; sie sind auch für die lutherischen Gemeindeglieder in den umliegenden Dörfern zuständig.